1. Tierärztliche Bestandsbetreuung von Legehennenbeständen:
wirtschaftliche bedeutsame Krankheiten und Präventionsstrategien
(Silke Rautenschlein, Arne Jung)
1.3 Ökonomisch bedeutsame Krankheiten bei Legehennen
1.3.8 Erkrankungen des Verdauungsapparates
1.3.8 Erkrankungen des Verdauungsapparates
Die wichtigsten infektiösen Erkrankungen des Verdauungstraktes bei Legehennen können unterteilt werden in parasitäre, bakterielle und virale Erkrankungen (siehe Tab. 1.4).
Tab. 1.4: Infektiöse Erkrankungen des Verdauungsapparates.
Die bedeutendste parasitäre Erkrankung des
Verdauungsapparates bei Legehennen ist die Kokzidiose. Diese Erkrankung wird durch einzellige Kokzidien der Gattung Eimeria verursacht. Die Schadwirkung im Darm entsteht durch mehrere Vermehrungsphasen der Kokzidien in der Darmwand, wodurch das Darmgewebe geschädigt wird. Dabei vermehren sich die verschiedenen Kokzidienarten meist nur in einem bestimmten Darmabschnitt des Huhns (s. Tab.1.5).
Tab. 1.5: Lokalisation und verursachte Läsionen verschiedener Kokzidienarten des Huhnes
Quelle: (SALISCH und SIEGMANN, 2005)
Meist sind Tiere aus Boden- und Freilandhaltung betroffen, die Zugang zu ihrem Kot haben und sich so über die ausgeschiedenen Oozysten wieder anstecken können. Die Diagnose „Kokzidiose“ kann durch die Untersuchung einer Kotprobe gestellt werden, bei der unter dem Mikroskop die typischen Kokzidienoozysten in großer Menge zu finden sind. Kokzidienoozysten weisen außerhalb des Huhns eine sehr hohe Widerstandsfähigkeit („Tenazität“) auf. Das bedeutet, dass nach Ausstallung der Tiere selbst bei einer sehr sorgfältigen Reinigung und Desinfektion infektiöse Kokzidienoozysten im Stall zurückbleiben können. Zur Kontrolle der Kokzidieninfektion bei Legehennen verbietet sich der Einsatz von Futterzusatzstoffen und Therapeutika während der Legeperiode, da keine Rückstände in die Eier gelangen dürfen. Daher ist eine Impfung während der Junghennenaufzucht mit in Deutschland kommerziell erhältlichen Lebendimpfstoffen anzuraten, die zu einer Immunität gegen die 4 bzw. 7 enthaltenen Kokzidienarten während der Legeperiode führen.
Wurmbefall stellt insbesondere in der Freilandhaltung von Legehennen ein Problem dar, da diese Tiere Zugang zu Ausscheidungen von Wildvögeln oder zu Zwischen- und Stapelwirten der Würmer haben. Insbesondere Bandwürmer brauchen für ihre Entwicklung Zwischenwirte wie Insekten oder Schnecken, die die Hühner häufig nur in der Freilandhaltung aufnehmen können. Die Schadwirkung der Würmer ist abhängig von der Menge der Würmer und der Art der Läsionen, die eine Wurmart verursacht. Die klinischen Symptome reichen von milden Durchfällen über schwere Diarrhoen bis hin zum totalen Verlegen des Darmkanals durch Wurmknäule und Versterben des betroffenen Tieres. Zurzeit ist in Deutschland ein Präparat mit 0 Tagen Wartezeit auf Eier zur Behandlung von Wurminfektionen bei Legehennen zugelassen.
Von bakteriellen Darmerkrankungen sind insbesondere Jungtiere betroffen. Je nach Erreger können im Verlauf der Erkrankung außer dem Darm auch andere Organe infiziert werden. Die Behandlung von bakteriellen Darmerkrankungen sollte nach Isolation und Resistenztestung des Keimes erfolgen. Allerdings stehen bei Legehennen nur sehr wenige zugelassene Antibiotika zur Verfügung. Als Alternative zur Behandlung kann bei dem Umstallen in den Legehennenstall ein Impfung mit einer sogenannten bestandsspezifischen Vakzine erfolgen, die aus den in dem betroffenen Betrieb isolierten Bakterien hergestellt wurde und zu einer Immunität der Tiere gegenüber dem Erreger führt.
Eine häufig vorkommende Erkrankung stellt die Infektion mit Clostridium perfringens dar, die bei Hühnern zum Auftreten der nekrotisierenden Enteritis führt. Das Bakterium lässt sich auch bei gesunden Tieren in geringer Menge aus den Blinddärmen isolieren. Weist der Darm aber eine Vorschädigung, beispielsweise durch eine Kokzidieninfektion, auf, kann es zur massenhaften Vermehrung des Keimes und zum Auftreten der nekrotisierenden Enterits kommen. Die betroffenen Tiere zeigen eine gelbliche Diarrhoe und erhöhte Mortalität. In der pathologisch-anatomischen Untersuchung fällt eine Verdickung der Darmschleimhaut und flüssiger, mit Fibrinflocken durchsetzter Darminhalt auf. Um die Gesundheit der Tiere wieder herzustellen, sollten gegebenenfalls auch andere, an der Erkrankung beteiligte Erreger, behandelt werden. Bei der Desinfektion nach Ausstallung der Hühner ist ein sporenabtötendes („sporizides“) Desinfektionsmittel zu verwenden, da es sich bei Clostridium perfringens um ein sporenbildendes Bakterium handelt, das eine hohe Widerstandsfähigkeit in der Umwelt besitzt.